In den letzten Wochen haben sich in der Diskussion um die politische Vergangenheit unseres Bundesaußenministers Joseph Martin Fischer immer wieder auch christliche Stimmen zu Wort gemeldet. Die Palette der Kommentare reicht von Zustimmung zur vollzogenen Abkehr Fischers vom Extremismus der 70er Jahre über Zweifel an der Redlichkeit dieses Prozesses („nur durch Mediendruck verursacht“) bis hin zu handfester Kritik: Das Amt des Vizekanzlers sei unvereinbar mit der Person eines ehemaligen „Staatsfeindes“. Auch Gott freue sich über jeden Sünder, der heimkehre – es stehe jedoch nirgends geschrieben, dass ein „geläuterter Sünder“ gleich in solche politischen Höhen steigen solle.
Wie immer dieser Streit über die Gründe für Fischers Wende nun entschieden werden mag, was immer die politischen Konsequenzen für Herrn Fischer auch sein mögen – die Bibel jedenfalls rechnet von der ersten bis zur letzten Seite mit der Möglichkeit echter Umkehr. Nicht nur kleine Leute waren es, von denen eine tiefgreifende Neuorientierung berichtet wird: Könige, Propheten und die späteren Apostel haben sich verirrt in Schuld und Sünde und durften in ihrem Leben einen neuen Anfang machen.
Der König David beliess es nicht bei einem einfachen Ehebruch, sondern fügte diesem gleich noch einen glatten Mord hinzu, als er den Ehemann seiner Angebeteten auf dem Schlachtfeld beseitigen liess (2. Sam 11-12). Als Politiker jedenfalls wäre dieser Mann heute nicht mehr tragbar. Und so musste auch der Prophet Natan seine ganze Kunst anwenden, um dem König die Tragweite seiner Tat und die Tiefe seiner Schuld aufzuzeigen und ihm echte Reue überhaupt zu ermöglichen.
Simon Petrus, der Fischer vom See Genezareth, war bereit, seinem Herrn bis in den Tod treu zu bleiben: „Und wenn ich mit dir sterben müßte, will ich dich nicht verleugnen.“ (Matth 26,35) Petrus griff später sogar zum Schwert und schlug bei der Gefangennahme Jesu dem Knecht des Hohenpriesters das rechte Ohr ab (Joh 18,10). Ein Gewalttäter im Kreis der Jünger Jesu? Am Ende machte er seinem Namen „Petrus – der Fels“ keine Ehre, denn schliesslich war er es, der seinen Herrn dreimal verleugnete bevor der Hahn krähte. „Und Petrus ging hinaus und weinte bitterlich.“ Gerade einem solchen Versager, einem Messerstecher und Wahrheitsleugner, vertraute Christus die Leitung und Führung seiner Kirche an? In den Schuhen des Fischers wandelte sich Simon Petrus zur Urgestalt des zweifelnden, versagenden und dennoch von Gott geliebten Menschen.
Wodurch auch immer unsere Reue und Schuldeingeständnisse verursacht sein mögen – bei Gott werden wir offene Türen einrennen, wenn unsere Umkehr nicht äusserlich bleibt. Er freut sich über jeden, der zu ihm kommt und „reinen Tisch“ machen möchte mit allem, was ihn belastet und beschwert. Egal, ob dieser Mensch Simon Petrus oder Joseph Martin Fischer heisst.