Matthäus 5,13-16

Liebe Gemeinde,

in den letzten Tagen habe ich begonnen, die Eltern meiner Konfirmandinnen und Konfirmanden hier in Weinsberg zu besuchen. Da sitzt man am Tisch und unterhält sich und Gegenstand der Unterhaltung ist natürlich auch die Konfirmandin oder der Konfirmand.

Immer wieder taucht dabei die Frage auf: „Wie verhält sich denn mein Kind im Unterricht.“ – Nun, das muß ich sagen, mit meiner Konfirmandengruppe kann ich ganz zufrieden sein und so antworte ich den Eltern meist: „Na, ich freue mich darüber, daß ihr Kind am Unterricht teilnimmt!“ Ich kann auch berichten von der Hilfsbereitschaft und dem Interesse der meisten Konfirmanden.

Dann merke ich, wie stolz die Eltern werden, wenn sie einmal eine Rückmeldung über ihr Kind bekommen. Jetzt passiert es, daß der Vater oder die Mutter zu erzählen beginnt, was ihnen so alles passiert ist mit ihrem Kind bis zum heutigen Tag. Da werden Geschichten vom letzten Urlaub genauso wach wie der erste Schultag oder das letzte Zeugnis.

Auch Probleme kommen zur Sprache, mit der Gesundheit oder mit dem Lernen. Doch in allen Erzählungen wird deutlich, wie wichtig es für die Eltern gerade in dieser Zeit geworden ist, ihrem Kind etwas zuzutrauen und es loszulassen. Das eigene Kind ist nicht mehr ganz so abhängig von mir, wie es noch vor wenigen Jahren der Fall war. Es geht seine ersten Schritte in sein eigenes Leben.

Ich trau dir etwas zu – Kinder lernen auf diese Weise, Schwierigkeiten und Angst zu bezwingen. Solche Erfahrungen sind wichtig, um ein selbständiger Mensch werden zu können: Man traut mir etwas zu, ich kann etwas und darum verläßt sich der andere auf mich. Auch Erwachsene brauchen das Erlebnis, daß ihnen etwas zugetraut wird. Auch sie werden daran stärker und lernen, ihre bisherigen Möglichkeiten zu erweitern.

Der heutige Predigttext redet davon, daß Jesus selbst Zutrauen zu uns, seiner Gemeinde, jedem einzelnen von uns, hat. Was er uns zutraut, das möchte ich ihnen jetzt vorlesen aus Mat. 5,13-16:

Ihr seid das Salz für die Welt. Wenn aber das Salz seine Kraft verliert, wodurch kann es sie wiederbekommen? Es ist zu nichts mehr zu gebrauchen. Es wird weggeworfen, und die Menschen zertreten es.

Ihr seid das Licht für die Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben. Auch zündet niemand eine Lampe an, um sie dann unter einen Topf zu stellen. Im Gegenteil, man stellt sie auf den Lampenständer, damit sie allen im Haus Licht gibt. Genauso muß auch euer Licht vor den Menschen leuchten: Sie sollen euere guten Taten sehen und eueren Vater im Himmel preisen.

Liebe Gemeinde, Salz und Licht sein für die Welt – das traut Jesus uns in seinem Wort zu. Geben wir einmal die innere Abwehrstellung auf, die sich bei vielen von uns aufbaut, wenn wir erfahren, daß wir selbst mit diesen Worten gemeint sind: Ich kann das doch nicht, in meinem Leben gibt es das nicht. Die Folge ist, daß sich viele Christinnen und Christen in unseren Kirchen auf ein passives Christsein zurückziehen. Man erwartet höchstens noch vom Herrn Pfarrer so etwas wie ein geistliches Leuchten. Und wehe, wenn er nicht leuchtet wie eine 1000 Watt-Birne, sondern nur wie eine trübe Funzel. – Nein, hören wir einmal ruhig zu, was Jesus uns zutraut:

Er sagt uns Christen zu, daß wir für Gott eine große Bedeutung haben, daß wir wichtig sind für ihn. Unser Alter und unser Beruf spielen keine Rolle, auch nicht ob wir besonders fromm sind und jeden Sonntag fleißig in die Kirche gehen. Ohne eigene Vorleistung sind wir in den Augen Jesu etwas: Söhne und Töchter des einen Vaters.

Weil wir Gott so nahestehen, und mit seinen Kräften rechnen können, darum traut uns Jesus nun zu, daß wir Salz der Erde, Licht der Welt sein können und man uns so weit sehen kann wie die Gottesstadt, die auf dem Berg liegt.

Jesus traut uns zu, daß wir es sind, die die Erde bewohnbar erhalten wie das Salz ein Lebensmittel vor der Fäulnis bewahren kann. Jesus traut uns zu, daß durch uns Christen das Leben der Menschen auf dieser Welt heller werden kann, indem wir mithelfen, daß durch unser Leben und Tun hindurch das Ziel aufleuchtet, zu dem Gott die Menschen bringen möchte: zur Gemeinschaft mit ihm selbst in seinem Reich.

Für Jesus ist jeder Mensch, der ihm nachfolgt, wie ein Lichtpunkt, der mit seinem Licht die Dunkelheiten und Hoffnungslosigkeit dieser Welt ein wenig heller machen kann.

Ich denke da in erster Linie gar nicht an die großen, revolutionären Taten, durch die Christen den Gang unserer Welt mitgestaltet haben.

Das Gespräch mit dem Jugendlichen kommt mir in den Sinn, der nach 150 Bewerbungen langsam aber sicher zu dem Schluß gekommen ist, daß er zu nichts nütze sei. Er hungert nach dem Salz der Erde, er möchte etwas sehen von dem Licht der Welt.

Am Freitag haben wir die Hilfsgüter für Mostar und Sarajewo in den Häusern abgeholt. Sie werden in dieser Woche mit dem LKW in das ehemalige Jugoslawien gefahren. Kann diese Hilfe für die Menschen dort ein Lichtzeichen sein, das ihnen sagt: Ich bin nicht vergessen, jemand denkt an mich und will, daß ich lebe?

Ich sehe heute den Come&See-Chor oder denke an unsere Kirchenmusik, die mit ihrer Musik und ihrem großen Engagement die Herzen vieler Menschen heller machen.

Liebe Gemeinde, Jesus rechnet damit, daß jeder Christ Lichtzeichen der Hoffnung und des Friedens setzen kann. Solche Lichtzeichen brauchen die Menschen unserer Zeit ganz besonders. Wo Christen nach Jesu Botschaft leben, werden Fragen bei anderen wach und es ergeben sich Möglichkeiten zu bezeugen, was das eigene Leben trägt und wodurch es Sinn und Ziel erhält. „Der strahlt etwas aus“, sagt man, wenn man so einen Menschen trifft.

Ich mache immer wieder die Erfahrung: Was unsere Kinder und Jugendlichen von uns Erwachsenen wissen wollen, ist nicht, wie man in dieser Welt möglichst schnell zu großem Ruhm und Reichtum gelangt, sondern wie man mit seinem Leben, mit seinen Problemen und Schwierigkeiten ehrlich umgeht und was unser Leben trägt. Das wollen sie von uns lernen.

Liebe Gemeinde, es wäre etwas gewonnen, wenn uns die Erinnerung an dieses große Zutrauen Jesu zu uns die Kraft geben könnte, Salz und Licht für andere Menschen zu sein. Wir würden selbst am meisten davon profitieren, wenn wir aufgrund dieses Zutrauens den ersten Schritt wagten und uns trauten, einem anderen weiterzusagen, woran wir glauben, ,worauf wir vertrauen. Auf dieses Zeugnis von Christen wartet die Welt seit 2000 Jahren. Jesus traut uns zu, seine Zeugen zu sein in dieser Welt, für diese Welt.

Wenn wir nachher die Taufe von Sarah Ringwald feiern, sprechen wir diese Zusage Gottes auch über diesem Kind und seinen Eltern und Paten aus: Ihr seid das Salz für die Welt. Ihr seid das Licht für die Welt.

Diese Zusage kommt von dem, der selbst gesagt hat: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, hat das Licht, das zum Leben führt und wird nicht mehr im Dunkeln tappen.“

Wir wollen als christliche Gemeinde in diesem Licht leben und von diesem Licht weitergeben an die Welt und ihre Menschen. Amen.

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