Wenn die Medien Trauer tragen

Das war ja nicht anders zu erwarten: Der Rücktritt von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat ein gewaltiges Medienecho ausgelöst. Das freilich nicht in allen Facetten nachvollziehbar ist. Jedenfalls passt Begleitmusik à la Richard Wagner zu diesem Abgang nun wirklich nicht. Schließlich ist hier kein Held gefallen, sondern ein Mensch über seine eigenen Fehler gestolpert. Wobei auch das einer gewissen Tragik natürlich nicht entbehrt.

Trotzdem muss man zugeben, dass der mediale Trauerpomp die Stimmungslage vieler Zeitgenossen bestens trifft. Was dann aber doch auch wieder ein bisschen verwundert. Denn haben wir das mit der Aristokratie nicht vor einhundert Jahren schon abgetan, und zwar für immer? Ganz abgesehen davon, dass der Guttenberg’sche Glitzer und Glamour von der Lebenswirklichkeit eines einfachen Bildzeitungsleser dermaßen weit entfernt ist, dass Letzterer eher aufbegehren als bewundern müsste. Aber das Reiche und Schöne hat stets gleichermaßen fasziniert wie irritiert.

Wirft man freilich, was die Reaktion auf Guttenbergs Rückzug anbelangt, einen Blick hinter die Kulissen, kristallisiert sich aus dem Schein ein Sein heraus, nämlich die Sehnsucht nicht weniger Bürgerinnen und Bürger nach echten Persönlichkeiten in der Politik. Die der Politik in den vergangenen Jahrzehnten durchaus abhanden gekommen, wenn auch nicht ganz ausgestorben sind. Zum Glück, muss man sagen. Denn politische Ideen, Konzepte und vor allem Unausweichlichkeiten haben dann am ehesten eine Chance auf Akzeptanz, wenn sie von den politisch Agierenden nicht nur verordnet , sondern auch verkörpert bzw. vorgelebt werden, und das am besten mit Glaubhaftigkeit, Charisma und Personality. So wie Karl-Theodor zu Guttenberg das getan hat, bis er von seiner eigenen Vergangenheit eingeholt worden ist.

Weshalb an dem medialen Bedauern über den Fall des Verteidigungsministers auch nichts auszusetzen ist, solange es darum geht, dass unserem Land eine seiner wenigen Identifikationsfiguren abhanden gekommen ist. Man darf es nur nicht übertreiben und die Tränen nicht an der falschen Stelle vergießen. Ein Heiliger ist zu Guttenberg nämlich nicht.

So wenig wie Margot Käßmann eine Heilige ist. Die ist auch über einen eigenen Fehler gestolpert, hat aber danach einen sehr viel passableren Rücktritt hingelegt. Weshalb sie auch sehr viel eher ein Comeback feiern dürfte als Karl-Theodor zu Guttenberg. Dass beide wiederkommen, scheint ausgemacht. Denn die Sehnsucht nach Persönlichkeiten bleibt – in der Politik wie in der Kirche. Aber erst werden die Medien noch eine Weile Trauer tragen, und manche davon auch weiter zuviel.

Das meint Koch. Und was meinen Sie?

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