Tag der Freude*

Koch meint…

*Dieser Beitrag ist ursprünglich für die Rubrik „Augenblick“ des Evangelischen Gemeindeblatts für Württemberg vom 17. April 2011 geschrieben. Dort ist ihm ein Foto beigegeben, das eine Palmsonntagsprozession in Jersualem zeigt. Aus rechtlichen Gründen kann das Foto hier nicht mit veröffentlicht werden.

Darf man sich so auch den allerersten Palmsonntag vorstellen? Als Jesus auf einem Esel reitend in Jerusalem einzieht, Menschen Kleider und grüne Zweige auf dem Weg ausbreiten und dem, den sie für den Messias halten, zujubeln: „Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!“ (Matthäus 21,9)?

Heutzutage jedenfalls ist die Prozession zur Erinnerung an das Ereignis von damals etwas, was bei den Beteiligten Freude auslöst und unbedingt mit der Kamera festgehalten werden muss: wie einheimische Christen und auswärtige Pilger mit Palmwedeln in der Hand vom Ölberg in die Altstadt von Jerusalem gehen, um am Ende im Park vor der St. Anna-Kirche den Segen zu empfangen. Im Hintergrund glänzt die goldene Kuppel des Felsendoms, an dessen Stelle zu der Zeit von Jesus der Tempel des Herodes steht.

Wobei die Augenzeugen des Einzugs Jesu in Jerusalem damals vor 2000 Jahren mehr sind als nur fröhliche Zaungäste einer Prozession, so sehr diese auch zu Herzen gehen mag. Sie sind vor allem Erwartende, die in ihrer persönlichen und politischen Bedrängnis auf Befreiung und Erlösung hoffen. Weshalb sie lautstark „Hosianna!“ rufen und sich dabei des 118. Psalms bedienen, einem Höhepunkt in der Liturgie des Passahfests, dessentwegen Jesus nach Jerusalem kommt: „Hosianna!“ gleich „O Herr, hilf! O Herr, lass wohlgelingen! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!“ (Psalm 118,25) Als sie aber ihre Erwartung enttäuscht sehen, werden aus dem „Hosianna!“ binnen Tagen ein „Kreuziget ihn!“ und aus Palmsonntag Gründonnerstag und Karfreitag.

Palmsonntag 2011: Sind auch wir wie die Frauen und Männer damals statt bloß Zaungäste Erwartende? Grund genug dazu hätten wir. Weil eine Welt, die zusehends aus den Fugen gerät, den einen gut gebrauchen kann, der ihr Orientierung gibt und sie von ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten befreit: Jesus. Wobei sein Einzug heute weder unbedingt etwas für die Kameras zu sein braucht noch sich wie ein Staatsempfang abspielen muss. Man kann Jesus auch ganz leise und unauffällig in das eigene Innere einziehen lassen. Die Wirkung ist die gleiche: Mit Jesus sieht die Welt gleich anders aus. Und darüber können dann auch wir uns freuen. Ja, der Palmsonntag ist und bleibt ein Tag der Freude.

Das meint Koch. Und was meinen Sie?


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