Die beste Gottesgabe

Koch meint…

Heute Morgen habe ich im Radio über die beste Gottesgabe gesprochen. Und dabei den Moderator gefragt, ob er wisse, was das sei. Seine Antwort ist diplomatisch ausgefallen: „Also ich will ja nachher ohne Probleme nach Hause kommen dürfen. Deshalb sage ich, dass die beste Gottesgabe wohl die eigene Ehefrau ist.“

Nun, Andi ist katholisch und kennt deshalb Martin Luther nicht in- und auswendig. Der aber meint: „Die Musik ist die beste Gottesgabe. Durch sie werden viele und große Anfechtungen verjagt. Musik ist der beste Trost für einen verstörten Menschen. Sie ist eine Lehrmeisterin, welche die Leute gelinder, sanftmütiger und vernünftiger macht.“

Und wer hat jetzt in Sachen beste Gottesgabe recht? Ich für mich sag’s so: Ein Leben ohne Musik ist für mich nicht vorstellbar. Ist es auch nie gewesen. Und wird es niemals sein. Wiewohl ich – was für ein blöder Fehler! – meine Geige jahrzehntelang buchstäblich an den Nagel gehängt hatte. Jetzt aber spiele ich wieder auf ihr. Ob ich dadurch „gelinder, sanftmütiger und vernünftiger“ werde, mögen andere beurteilen. Wohl eher nicht. Spaß hingegen macht’s auf jeden Fall.

Und Musik verleiht Schwung. Weshalb – man hat halt so seine Rituale – bei mir gleich nach dem Aufstehen die Musik drankommt: Bach von der CD oder beispielsweise die Bee Gees im Radio. Apropos Bee Gees: Zusammen mit den Beatles hab ich die schon in den sechziger Jahren gemocht. Im Gegensatz zu meinen Eltern. Bei denen lief fast nur Südfunk 2. Da war die Oma schon eher auf der Höhe der Zeit. Oder toleranter. Oder einfach nur schwerhörig. Jedenfalls war es bei ihr im „Stüble“, wo ich mir den ersten Rock ’n’ Roll reinziehen durfte. Die Stones freilich habe ich nicht einmal ihr zumuten wollen. Und mir selbst erst in dem Augenblick live bei einem Konzert, als ich so alt war, wie Keith Richards mit 40 schon ausgesehen hat.

Übrigens ist auch Peter Tschaikowsky zumindest für mich ein Beweis dafür, dass Luther recht hat und Musik wenn nicht die beste, so doch eine gute Gottesgabe ist. Oder soll „Schwanensee“ etwa nicht gegen „viele und große Anfechtungen“ helfen oder die Symphonien 4, 5 und 6 kein „Trost für einen verstörten Menschen“ sein? Von meinem Faible für Richard Wagner will ich dagegen an dieser Stelle lieber schweigen.

Noch eins: Ohne Musik wäre ich nicht Pfarrer geworden. Warum? Weil es sich gelohnt hat, sich für Lieder wie „Danke für diesen guten Morgen“ gleich nach der Konfirmation in einem Jugendgottesdienstprojekt zu engagieren. Was damals sozusagen ein revolutionärer Akt gewesen ist. Weil Gitarre und Schlagzeug unterm Kreuz für das kirchliche Establishment eine Sünde waren. So bin ich bei der Kirche hängengeblieben.

Die jedes Jahr einen ganzen Sonntag der Musik widmet. Er heißt Kantate und steht 2011 für übermorgen auf dem Kalender. Was auch der Grund dafür ist, warum ich mich mit Andi heute schon über diese beste aller Gottesgaben unterhalten und ihm mit Martin Luther klarzumachen versucht habe: Frauen sind zwar wichtig, Musik aber ist unersetzlich. Weshalb ich schlussendlich all denen danken möchte, die in der Kirche für die Musik zuständig sind. Ohne die die Kirche nicht Kirche wäre. Auch wenn dort leider nie Country gespielt wird. Wobei, das muss ich zugeben, Glen Campbell und sein „Rhinestone Cowboy“ zum Abendmahl auch nicht wirklich passen. Dafür aber zu meinem Vesper heute Abend. Ich freu mich schon darauf. Womit dieser Tag dann so endet, wie er angefangen hat: mit Musik und damit zumindest indirekt auch mit Gott.

Das meint Koch. Und was meinen Sie?


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