Koch meint…
Am 1. Advent versteht Baden-Württemberg vermutlich nur noch Bahnhof. Salopp ausgedrückt. Weil am 1. Advent über die finanzielle Beteiligung des Landes am Bahnprojekt Stuttgart 21 entschieden wird. Das für Saloppes freilich schon längst nicht mehr taugt. Im Gegenteil: Die Volksabstimmung am 27. November ist, wenn überhaupt, die letzte Chance, einen erbitterten Streit zu schlichten. Was ist dafür wünschenswert?
Zum Ersten. Wünschenswert ist, dass möglichst viele Baden-Württemberger von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen. Je mehr Bürgerinnen und Bürger zur Urne gehen, desto repräsentativer ist das Ergebnis. Während ein Nein oder Ja zum so genannten „S21-Kündigungsgesetz“ ein Glaubwürdigkeitsproblem hat, wenn die meisten sich ihrer Stimme enthalten.
Zum Zweiten. Wünschenswert ist, dass trotzdem jedes Ergebnis zählt. Und als solches auch akzeptiert wird, ganz gleich, ob man pro oder contra Stuttgart 21 ist. Weil es zum Wesen einer Demokratie gehört, dass Mehrheitsentscheidungen verbindlich sind – so oder so. Von der Verfassung ganz zu schweigen, auch wenn diese ein Quorum enthält, das dringend der Absenkung bedarf.
Zum Dritten. Wünschenswert ist ferner, dass die Bürgerinnen und Bürger sich vor der Stimmabgabe informieren. Dazu hat es zwar bisher schon Gelegenheit genug gegeben. Trotzdem spricht nichts dagegen, in den nächsten Wochen noch einmal gründlich die Zeitung zu lesen, Radio zu hören oder Fernsehen zu kucken. Weil es nie umsonst ist, die eigene Meinung mit weiteren guten Argumenten zu unterfüttern. Und nie zu spät, die eigene Meinung zu ändern, wenn die andere Seite mehr überzeugt. Aber Vorsicht: Hier wie da sind nicht nur vertrauenswürdige Bahnhofsmissionare unterwegs!
Zum Vierten. Ich wünsche mir – und das ganz besonders –, dass wer sich informieren will, sich auf die vorgelegten Zahlen, Daten und Fakten nach Möglichkeit verlassen kann. Was zugegebenermaßen schwer sein wird. Weshalb ich schon zufrieden wäre, wenn beide Seiten darauf verzichten würden, Behauptungen in die Welt zu setzen, an die sie selbst nicht glauben.
Und schließlich zum Fünften und Letzten. Wünschenswert ist, dass der Umgang miteinander in den nächsten Wochen die Gräben nicht noch tiefer macht, als sie ohnehin schon sind. Weil wir auch nach dem 27. November zusammenleben, nein, nicht müssen, sondern dürfen. Wie dieses Zusammenleben wird, das entscheidet sich jetzt.
Fünf Wünsche also, die alle weder neu noch spektakulär sind, deren Erfüllung aber in meinen Augen unverzichtbar ist. Um der Volksabstimmung am 1. Advent, einer letzten Chance und des lieben Friedens willen. Und deshalb auch Vorsicht, wie gesagt: Es sind hier wie da nicht nur vertrauenswürdige Bahnhofsmissionare unterwegs! Salopp ausgedrückt.
Das meint Koch. Und was meinen Sie?