Dank im Doppelpack

Koch meint…

„Im normalen Leben“, hat Dietrich Bonhoeffer einmal geschrieben, „wird es einem gar nicht bewusst, dass der Mensch unendlich mehr empfängt, als er gibt, und dass Dankbarkeit das Leben erst reich macht.“

Warum dieser Satz? Weil das verlängerte erste Oktoberwochenende Gelegenheit zum Dank im Doppelpack gibt: am Montag anlässlich des „Tags der deutschen Einheit“ und am Sonntag beim Erntedankfest. An dem landauf, landab in Gottesdiensten dafür gedankt wird, dass es auch dieses Jahr wieder reichlich zu ernten gab und wir deshalb weiterhin genug zu essen haben – anders als anderswo auf der Erde.

Nun hat vor ein paar Tagen ein Kollege von einer Kollegin erzählt, die die Frage aufgeworfen habe, ob wir statt des Erntedankfests nicht ein Erntebußfest feiern müssten. Weil wir doch Unmengen von Lebensmitteln wegwerfen und uns dabei vor denen, die sie hergestellt haben, aber auch gegenüber jenen Menschen, die Hunger leiden, schuldig machen. Dass besagte Kollegin ausgerechnet anlässlich des Erntedankfests 2011 so fragt, ist übrigens nicht weiter verwunderlich. Schließlich ist gerade eben der Film „Taste the Waste“ in die Kinos und unter dem Titel „Die Essensvernichter“ das Buch zum Film auf den Markt gekommen. Die beide mit der erschreckenden Nachricht aufwarten, dass rund die Hälfte unserer Lebensmittel – bis zu 20 Millionen Tonnen im Jahr allein in Deutschland – auf dem Müll landet. Das meiste schon auf dem Weg vom Erzeuger in den Laden, bevor es überhaupt unseren Esstisch erreicht: jeder zweite Kopfsalat, ebenso jede zweite Kartoffel und jedes fünfte Brot.

Also Buße statt Dank und Sack und Asche statt schöner Lieder von Kinderkirche und Kindergarten? Sagen wir’s so: Der Dank ist und bleibt richtig und wichtig – „Dankbarkeit macht das Leben erst reich“ –, aber dasselbe gilt natürlich auch für unseren verantwortungsvollen und oft doch so verantwortungslosen Umgang mit dem, was wir ernten dürfen. Zwar ist er schon vor vielen Jahren von Michael von Faulhaber, dem früheren Erzbischof von München, gesagt worden. Trotzdem hat dieser Satz hier von ihm nichts von seiner Aktualität verloren und könnte eine Art Leitlinie gerade für das Erntedankfest 2011 sein: „Der schönste Dank für Gottes Gaben besteht darin, dass man sie weitergibt.“

Und dann am 3. Oktober der „Tag der deutschen Einheit“. An dem wir uns an den Fall der Berliner Mauer 1989 und an die Wiedervereinigung des bis dahin geteilten Deutschlands erinnern sollen, und zwar ebenfalls mit Dankbarkeit. Schließlich ist diese Wiedervereinigung fast so etwas wie ein Wunder gewesen. Was anlässlich ihres 20. Jahrestags vor zwölf Monaten in vielen Reden so auch noch einmal betont worden ist. Und doch ein Jahr danach und „im normalen Leben“ schon wieder in Vergessenheit zu geraten droht.

So gibt das verlängerte erste Oktoberwochenende in der Tat Gelegenheit zum Dank im Doppelpack. Und damit, wenn Francis Bacon recht hat, auch zum Glücklichsein. Denn: „Nicht die Glücklichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind.“

Das meint Koch. Und was meinen Sie?


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