Fundraising-Weiterbildung ab November
Kirchliches Fundraising, das ist viel mehr als das Opferkörbchen im Gottesdienst. Im Interview erklärt Pfarrer Helmut Liebs, der landeskirchliche Fundraising-Beauftragte, was Menschen dazu bewegt zu spenden, und welche Zukunft er für das Fundraising sieht. Wer selbst tätig werden möchte: Im November beginnt eine Weiterbildung zum Fundraising-Referenten im Hospitalhof Stuttgart.
Kirchliches Fundraising – was ist das genau?
Schlicht übersetzt heißt Fundraising: Mittel beschaffen (to raise funds). „Mittel“ meint alles, was Menschen geben können: Geld, Zeit, Ideen, Beziehungen, gute Gedanken, befürwortende Statements, Gebet, Mitarbeit oder auch Sachspenden. Die Kunst des Fundraisings besteht darin, Menschen für ein Thema so zu begeistern, dass sie es gerne mit ihren Mitteln unterstützen. Kirche verweist auch beim Fundraising stets darauf, dass sie – um eine Anleihe bei den Blues Brothers zu machen – im Auftrag des Herrn unterwegs ist.
Wo liegt der Schwerpunkt im Fundraising– beim klassischen Spendensammeln oder woanders? Gibt es Entwicklungen?
Überwiegend wirbt Fundraising um Unterstützung per Spende. Das geschieht seit Jahrzehnten am erfolgreichsten per Brief. Hinzugekommen ist die Kommunikation mittels digitaler Medien. Viele Kirchengemeinden, Einrichtungen, Dienste und Werke haben auf ihrer Website ein Modul, in dem man mit drei Klicks spenden kann. So auch auf der Spendenseite der Landeskirche.
Daneben boomen seit drei Jahrzehnten die Stiftungen; anschaulich dargestellt auf der Seite der Landeskirchenstiftung. Wenn Menschen eine Stiftung errichten, fördern sie besonders nachhaltig. Denn typischerweise dürfen allein die Zinsen des Stiftungsvermögens verwendet werden, das garantiert dessen Erhalt. Um nicht von den Zinsen abhängig zu sein, empfehle ich, in die Stiftung einen zusätzlichen Verbrauchsfonds zu integrieren; dessen Mittel dürfen gänzlich verwendet werden.
Weitere Formen des Fundraisings sind Benefizveranstaltungen, Verkauf von Produkten, Fördervereine, Anfrage bei Gerichten um Geldauflagen, Sponsoring und die Anlassspende zu besonderen Gelegenheiten.
Im Bild gesprochen entfaltet Fundraising einen Fächer von Mitmachmöglichkeiten.
Mit welchen Wünschen oder Zielen nehmen Menschen mit Ihnen Kontakt auf?
Wenn Menschen mit mir Kontakt aufnehmen und um Rat fragen, ist es oft so: Sie tragen schon länger den Wunsch in sich, ein Thema oder eine Kirchengemeinde oder eine Einrichtung mit einem beträchtlichen Vermögen zu fördern. Aber wie? Die einmalige Großspende ist eine Option. Wird jedoch Wert auf langfristige Wirksamkeit gelegt, könnte man einer bestehenden Stiftung etwas zustiften oder eine eigene Stiftung errichten. Natürlich ließe sich die Gemeinde oder Einrichtung auch per Testament zu bedenken. In der Regel braucht es einige Gespräche, um diejenige Form zu finden, die dem Geber oder der Geberin am besten entspricht.
Wie können Sie dabei helfen, das geeignete Projekt zu finden?
Wenn es so sein sollte, dass jemand ein Thema im Sinn hat, aber keine passende(n) Einrichtung(en), mache ich Vorschläge. Kirche und Diakonie bilden ja nahezu jedes Thema ab.
Wie gehen Sie damit um, wenn Spender Wünsche haben, die sich aus kirchlicher Sicht nicht erfüllen lassen – etwa eine Plakette neben der Kirchentür? Oder kommt das selten vor?
Es ist selbstverständlich, Spenderinnen und Spendern zu danken; etwa per Telefon oder Brief. Ergänzend kann man durchaus eine besondere Form der Würdigung und Wertschätzung anbieten, nämlich z. B. die Namen – sofern gewünscht – auf einer Danktafel oder der Website zu veröffentlichen. In herausragenden Fällen kann sogar ein Raum oder gar das Haus mit dem Spendernamen versehen werden. Insofern schließe ich auch eine Plakette neben der Kirchentür nicht aus; es kommt auf den Einzelfall und die Form an.
„Das Geld kommt ja doch nicht an“ – diese Haltung lässt viele Menschen nicht spenden. Was sagen Sie, wenn Sie diesen Satz hören?
Wenn eine Kirchengemeinde beispielsweise um Spenden zugunsten der Jugendarbeit wirbt, dann werden die Spenden tatsächlich auch dort verbucht und verwendet. Das ist schlicht Vorschrift. Eine andere Verwendung wäre illegal und würde bald entdeckt, denn wir haben in der Kirche ein unabhängiges Prüfamt. Zudem ist der kirchliche Haushalt öffentlich einsehbar; dadurch ist Transparenz gewährleistet.
Wie wird sich die Bedeutung des Fundraisings für die Kirche in Zukunft entwickeln?
Solange Kirche sich überwiegend durch Kirchensteuer finanziert, wird Fundraising – auch bei abnehmender Kirchensteuer – immer Mittel on top ermöglichen. Sollten jedoch die Kirchensteuereinnahmen auf ein sehr niedriges Niveau sinken oder plötzlich erheblich einbrechen, wird Fundraising das nur kompensieren können, wenn Kirche bereits Jahre zuvor begonnen hätte, sich in ihrer Haltung von einer steuerfinanzierten hin zu einer mehr und mehr spendenfinanzierten Organisation zu entwickeln. Dazu bräuchte es das Verständnis und Einverständnis, dass Kirche genau in dem Maße wirken wird, wie Menschen bereit sind zu spenden, zu stiften, zu sponsern, zu vererben und sich ehrenamtlich zu engagieren. Fundraising wird dann keine Spezialdisziplin mehr sein, sondern Kirche wird durchgängig eine fundraisende Kirche sein.
Was muss jemand, der oder die im Fundraising arbeitet, besonders gut können?
Menschen im Fundraising haben für ihre Organisation eine Leidenschaft und können diese kommunikativ vermitteln. Sie tragen ihre Begeisterung kreativ und klug nach außen. Sie brauchen Geduld, falls es mal ein bisschen länger dauert, Gelassenheit, falls etwas nicht gelingt, und Zuversicht, dass das Ziel erreicht wird.
Weiterbildung im Fundraising
Wer sich selbst mit dem Thema Fundraising beschäftigen möchte, kann sich ab 3. November 2021 zur Fundraising-Referenten bzw. zur -Referentin weiterbilden lassen. In drei Modulen vermittelt der Kurs des ifw Institut für Fort- und Weiterbildung der Evang. Hochschule Ludwigsburg und der Fundraising Akademie in Kooperation mit der Landeskirche das Werkzeug für passgenaues Fundraising. Teilnehmende, die von einer Kirchengemeinde, einem Kirchenbezirk oder einer Einrichtung aus dem Bereich der Landeskirche entsandt werden, können eine Förderung erhalten.
Quelle: Evangelische Landeskirche Württemberg ( https://www.elk-wue.de/index.php?type=13)
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