Alles schon wieder vergessen?

Koch meint…

Um es gleich vorweg zu sagen: Wiederum soll es hier an dieser Stelle nicht um pro und contra Stuttgart 21 an sich gehen. Der eine ist dafür, die andere dagegen – c’est la vie! Oder anders ausgedrückt: Was das umstrittene Bahnprojekt anbelangt, kann und darf man unterschiedlicher Meinung sein. Sich darüber auszutauschen, gibt es genug Gelegenheit. Eines weiteren Forums dafür bedarf es nicht.

Worüber wir hier dagegen auf jeden Fall reden sollten, ist der Stil, mit dem das Für und Wider jetzt in diesen Tagen ausgetragen wird. Sagen wir es so: Die Auseinandersetzung hat wieder an Intensität zugenommen, und was dabei an den Rändern, manchmal aber auch mittendrin passiert, muss Sorge machen! Jedenfalls sind eine von Demonstranten erstürmte Baustelle und verletzte Polizeibeamte, wenn’s denn tatsächlich so gewesen ist, im selben Maße unerträglich wie es die Geschehnisse am so genannten „Schwarzen Donnerstag“ waren. Allgemein entsetzt hat man damals Heiner Geißler und seine Schlichtung zu Hilfe gerufen. Und jetzt? Alles schon wieder vergessen und hinüber wie herüber zu neuer Gewalt bereit?

Was einen freilich nicht zu wundern bräuchte, hat die Diskussion um Stuttgart 21 doch längst Züge angenommen, die eine friedliche Verständigung kaum noch möglich machen. Weil sich Befürworter wie Gegner zumindest in Teilen auf einer Mission zu befinden glauben, bei der es für sie nur ein Ziel geben kann: sie auf Teufel komm raus siegreich zu beenden.

Zur Erinnerung und auch wenn’s abgedroschen klingt: Es geht bei Stuttgart 21 um die Frage, ob ein Bahnhof oben bleibt oder unter die Erde kommt. Um Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit dagegen geht es nicht. Gleichwohl wird wiederum hinüber wie herüber zu Mitteln des Protests gegriffen, die 1989 in der DDR angemessen waren, es 2011 in Stuttgart aber keinesfalls sind. Oder auch hier anders ausgedrückt: Beim Anblick zum Beispiel von Menschenketten, mit denen man sich für oder gegen das Bahnprojekt einsetzt, läuft es mir kalt den Rücken runter. Das ist Maßlosigkeit pur. Und im höchsten Grade gefährlich. Weil die Grenze hin zum Fanatismus fließend wird. Wo aber Fanatismus herrscht, ist Gewalt nicht weit.

Gehen wir also, ob wir nun für oder gegen Stuttgart 21 sind, in uns und legen uns Rechenschaft darüber ab, ob wir das, was wir tun, wirklich noch verantworten können! Oder ob wir nicht uns und denen, die mit uns der gleichen Meinung sind, Grenzen setzen müssen – Grenzen in Wort und Tat. Tun wir das nicht, gibt es einen heißen Sommer. Und damit ist in diesem Fall nicht das Wetter gemeint. Gerade Christen sollten alles dafür tun, dass es so weit nicht kommt.

Übrigens: Man sollte vielleicht auch äußerlich ein bisschen abrüsten. Einen Verkehrsminister mit einem „Kein Stuttgart 21“-Aufkleber auf seinem Laptop brauch jedenfalls ich im Fernsehen nicht. Und auch einige unserer Schwestern und Brüder im Herrn sehen mir ein bisschen zu sehr wie Indianer auf dem Kriegspfad aus. Auch da wäre ein Button an der Jacke weniger nicht schlecht. Weil wir, wie gesagt, eher versöhnen als spalten sollten.

Das meint Koch. Und was meinen Sie?


Zur Quelle

Schreibe einen Kommentar