Pfui Teufel!

Koch meint…

Es war einmal eine Zeit, da war ein Schirm noch ein Schirm, nämlich, wie es im Lexikon heißt, „ein flächiger Gegenstand, der vor etwas schützt“. Wenn heutzutage von einem Schirm die Rede ist, meint man damit Geld, das ganze Länder vor dem Bankrott bewahren und den Euro retten sollen. Während aber der Schirm von anno dazumal als Regen- oder Sonnenschirm ein weit verbreiteter Gebrauchsgegenstand war und natürlich immer noch ist, kann sich zumindest unsereins an den Euro-Rettungsschirm nicht so recht gewöhnen. Was auch an seinem Namen liegen mag: ESFS gleich European Financial Stability Facility. Da lob ich mir doch meinen guten alten Knirps.

Wirklich gewöhnungsbedürftig ist bei dieser Sache aber etwas ganz anderes und dazu Doppeltes: dass zum einen diejenigen, die kein Geld mehr haben, gegebenenfalls von uns Geld erhalten sollen, das wir auch nicht haben; und dass zum anderen Summen im Spiel sind, die unser Vorstellungsvermögen schlicht übersteigen. Wobei es gestern noch Milliarden waren, von denen die Rede gewesen ist. Heute dagegen gibt es schon „Gerüchte, dass der Euro-Rettungsschirm mit Hilfe von Hebeltricks seine Finanzkraft in Billionenhöhe treiben kann“ (Welt online, 19. Oktober 2011). Was immer damit genau gemeint ist.

Wissen Sie, an was mich das alles erinnert? An einen Pappkarton auf dem Dachboden meiner Großtanten. Der war auch mit Milliarden und Billionen gefüllt, nämlich mit Geldscheinen aus der Zeit der Hyperinflation von 1923. Ich weiß noch gut, wie fasziniert ich als Kind von den vielen Nullen auf den Scheinen gewesen bin und mehr noch von den Erzählungen besagter Großtanten, dass man für die ganzen Milliarden und Billionen gerade mal einen Laib Brot oder ein Kilogramm Rindfleisch kaufen konnte – wenn überhaupt. Im Grunde war es also wertloses Geld.

Nun will ich mir natürlich nicht anmaßen, als finanzpolitischer Laie den Teufel an die Wand zu malen. Aber das zumindest möchte ich, nämlich mich einreihen in die Phalanx jener Menschen, die nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand, sondern öffentlich ihr Unwohlsein über das zum Ausdruck bringen, was da auf den Finanzmärkten gerade so vor sich geht. Und die sich des Verdachts nicht erwehren können, dass zwar die Politik vieles gut meint, aber auch Schäuble & Co. nichts anderes sind als Opfer, welche mit uns zusammen die Suppe auslöffeln müssen, die andere ihnen eingebrockt haben. Oder noch deutlicher ausgedrückt: Dass es Geldjongleure gibt, die beispielsweise auf den Bankrott Griechenlands wetten – pfui Teufel!

Apropos Geldjongleure: Ein Kollege von mir hat ausgerechnet, dass man von dem, was ein einziger Mitarbeiter einer schweizerischen Bank verzockt hat, 30 000 Lehrer ein Jahr lang bezahlen könnte. Was so ziemlich alles sagt.

Zurück zum Thema Schirm! Wo ich mich mit meinem Regenschirm wohl-, mit den ganzen Rettungsschirmen aber und allem, was dazu gehört, unwohl fühle. Und mich deshalb mit Helmut Thielicke und diesem Satz von ihm tröste: „Wir sitzen im Leben zwar zwischen den Stühlen, aber unter dem Schirm des Höchsten.“ Was aber nicht heißen soll, dass in Sachen ESFS und so nur noch beten hilft. Denen, die gewissenlos handeln, Einhalt zu gebieten, ist mindestens genau so wichtig.

Das meint Koch. Und was meinen Sie?


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